Podium der Festveranstaltung für 25 Jahre Leibniz-Institut für Photonische Hochtechnologien - Jürgen Popp präsentiert © Leibniz-Institut für Photonische Hochtechnologien, Foto: Sven Döring / Agentur Focus
© Leibniz-Institut für Photonische Technologien, Foto: Sven Döring / Agentur Focus

Prof. Dr. Jürgen Popp

Es ist eindrucksvoll, wie omnipräsent in dieser kleinen Stadt einerseits die wissenschaftliche Vergangenheit ist und wie deutlich sie zugleich Wege in die Zukunft weist

Prof. Dr. Jürgen Popp hat in seiner Funktion als Direktor des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (IPHT) schon zahlreiche Tagungen in Jena organisiert, u.a. eine internationale Fachtagung für Raman-Spektroskopie mit über 900 Teilnehmern aus 45 Ländern. Jena folgte damit als Austragungsort internationalen Metropolen wie Bangalore, Boston und London.

Für die Fachtagung zur Raman-Spektroskopie im August 2014 sind Sie kreative Wege gegangen und haben auf dem Marktplatz für die zahlreichen Tagungsteilnehmer ein Dinner organisiert. Wie kam das an?

Prof. Dr. Popp: An der „International Conference on Raman Spectroscopy“ (ICORS) haben damals knapp 1000 TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt teilgenommen — damit war die Jenaer ICORS-Tagung übrigens die bislang größte, aber auch erfolgreichste Raman-Konferenz überhaupt. Um eine Veranstaltung mit so vielen Gästen auszurichten, sind wir — mit der nachdrücklichen Unterstützung der Stadt — auf den Marktplatz gegangen. Statt zum Dinner in eine Messehalle zu laden, wollten wir unseren Gästen jedoch einen einzigartigen Abend bieten, der nachhaltig Eindruck hinterlässt.

Das ist uns gelungen: mit einem Mittelalter-Spektakel, für das wir den gesamten Marktplatz umgestaltet haben. Stilecht mit Musik und Schwertkämpfern, Gauklern, Schmied und Backstube bis zum Gehege mit Schafen und Ziegen — alles überdacht von einer Zeltkuppel gegen den tatsächlich auch einsetzenden Regen. Ganz Jena hat die Vorbereitungen damals mitverfolgt, und vor allem unsere internationalen Gäste waren begeistert von der Zeitreise ins mittelalterliche Jena.

Die digitale Vernetzung macht heute den wissenschaftlichen Austausch viel einfacher. Wozu braucht es da noch den direkten Kontakt?

Prof. Dr. Popp: Es ist richtig, der Austausch ist schneller und unkomplizierter geworden. Wer selber aktiv teilnehmen möchte, stößt aber bei einer großen wissenschaftlichen Community im Digitalen schnell an Grenzen. Bei einer Skype-Konferenz können Sie nicht zwischen den Zeilen lesen.

Persönliche Treffen, bei denen Sie Ihrem Gesprächspartner in die Augen schauen, Gestik und Mimik wahrnehmen können, sind etwas ganz anderes. Bei einer Telefonkonferenz mit mehreren Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist es zudem schwierig, eine Gesprächsdisziplin aufrechtzuerhalten. Während einer Zusammenkunft über mehrere Tage ist ein viel intensiverer Austausch möglich — nicht nur in Diskussionsrunden, sondern auch in der zufälligen Begegnung beim Kaffee, am Buffet oder abends an der Hotelbar. Viele Ideen und Kooperationen werden im Vier-Augen-Gespräch geboren.

Das Thema Fachkräftemangel ist omnipräsent. Welche Chancen ergeben sich bei Tagungen und Kongressen für die Teilnehmer und die Firmen?

Prof. Dr. Popp: Für uns als Forschungsinstitut sind Tagungen eine sehr gute Gelegenheit, uns und den Standort zu präsentieren. Es ist allerdings auch ein zweischneidiges Schwert: Wenn wir Gäste nach Jena einladen, stellen sie als Erstes fest, wie mittelmäßig man nach Jena kommt. Sind sie jedoch einmal hier, sind sie schnell begeistert.

Mit dem Charme der Stadt und ihrer tollen Umgebung können wir punkten. Viele NachwuchswissenschaftlerInnen könnten wir gar nicht gewinnen, wenn nicht auch das Umfeld stimmen würde. Es ist eindrucksvoll, wie omnipräsent in dieser kleinen Stadt einerseits die wissenschaftliche Vergangenheit ist und wie deutlich sie zugleich Wege in die Zukunft weist: mit der Universität und dem Universitätsklinikum, den vielfältigen Forschungsinstituten, mit großen Industrieansiedlungen und den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen und Start-ups.

Darüber entsteht ein innovationsfreundliches Klima, das den Standort auch für Tagungsgäste attraktiv macht. Auch die hiesigen Firmen haben gemerkt, dass sie sich bei internationalen Kongressen sehr gut präsentieren können. Bei unseren Veranstaltungen können wir daher stets mit deren Unterstützung rechnen.

Technologiethemen liegen in der Tagungs- und Kongressbranche ganz vorn. Insofern hat Jena viel Potential. Was kann die Stadt Jena noch unternehmen, um die Entwicklung zu unterstützen?

Prof. Dr. Popp: Wir haben mit der Stadt Jena einen starken Partner an der Seite, der engagiert die Vernetzung von Forschung und Wirtschaft befördert und die lokalen Konferenzveranstalter bei der Organisation bereits vorbildlich unterstützt. Es ist ein gutes Zeichen, dass das Stadtmarketing diesen Bereich als wichtig anerkennt und mit dem Volkshaus zukünftig attraktive Räumlichkeiten bereitstellt. Bislang sind wir auf die vorlesungsfreie Zeit der Universität angewiesen. Das hat zur Konsequenz, dass wir in Zeiträumen, in denen in anderen Ländern üblicherweise Konferenzen stattfinden — in den USA etwa im Juni und Juli — selbst keine ausrichten können.

Verbesserungsbedarf haben wir in der Infrastruktur. Es gibt zu wenige und zu wenig sehr gute Hotels mit genügend Betten. Ein drängendes Thema ist darüber hinaus die Entwicklung des Schienenverkehrs. Wir fordern, dass man größer denkt: Jena als herausragender Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort in der Mitte Deutschlands. Innovativ in den Bereichen Optik, Photonik und in der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Medizin — gut vernetzt und gut erreichbar.

Wo sehen Sie Jenas Stärken?

Prof. Dr. Popp: In Jena liegt alles kompakt beieinander: nicht nur geografisch, sondern auch in Hinblick auf den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Austausch. Konferenzen, die in Jena stattfinden, werden federführend von hiesigen Akteuren veranstaltet. Die profitieren von der Bedeutung der Stadt als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort — und tragen ihrerseits wiederum dazu bei, dessen Profil zu schärfen. Außerdem bietet Jena tolle Möglichkeiten für das Rahmenprogramm von Konferenzen.

Was empfehlen Sie Tagungsteilnehmern in Jena für ein privates Ausflugsziel?

Prof. Dr. Popp: Auf einer Wanderung rund um Jena — zum Beispiel auf der Saale-Horizontale — eröffnen sich wunderbare Ausblicke, um die Stadt von oben zu erleben. Wer außerdem noch die Geschichte erkunden möchte, ist schnell in den Stätten der deutschen Klassik in Weimar oder auf der Wartburg in Eisenach; auch die Erfurter Krämerbrücke ist einen Besuch wert.

 

24th International Conference on Raman Spectroscopy (ICORS2014)

Wir danken Prof. Dr. Jürgen Popp ganz herzlich für dieses Gespräch!

Vielleicht möchten Sie noch mehr über die Tagungsmöglichkeiten in Jena erfahren? Unter MICE-Stories geben weitere Interview-Partner ihre Erfahrungen an Sie weiter.